Freiheit und Sicherheit gehören zusammen
Zum dritten Jahrestag des Terroranschlags auf dem Berliner Breitscheidplatz ging es beim Fachsymposium von HWR Berlin und Senatsinnenverwaltung um Maßnahmen und Grenzen öffentlicher Sicherheit.
Sonntag, 5 Januar, 2020
Zum dritten Jahrestag des Terroranschlags auf dem Berliner Breitscheidplatz ging es beim Fachsymposium von HWR Berlin und Senatsinnenverwaltung um Maßnahmen und Grenzen öffentlicher Sicherheit.
Umdenken in Sicherheitsanforderungen
Der Terroranschlag am 19. Dezember 2016 auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz hat zum Umdenken in Bezug auf die Absicherung von öffentlichen Großveranstaltungen gegen Terroranschläge geführt. Sicherheitsanforderungen sind gestiegen, Abstimmungsprozesse innerhalb und zwischen den Behörden, in der Hauptstadt und über Bundesländer- und Staatsgrenzen hinweg kommen auf den Prüfstand.
Interdisziplinäre Fachtagungsreihe
Anlässlich des Jahrestages haben die Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin) und die Senatsverwaltung für Inneres und Sport des Landes Berlin eine interdisziplinäre Fachtagungsreihe zu Sicherheitsthemen im Zusammenhang mit Terrorismus ins Leben gerufen. Neben dem Gedenken an die Opfer legte das Symposium am 19. Dezember 2019 an der HWR Berlin den Fokus auf „Sicherheit von Großveranstaltungen – Veranstaltungsschutz im Kontext abstrakter Bedrohungslagen“. Der interdisziplinäre Wissenstransfer diente zum Austausch über konkrete Maßnahmen, die getroffen werden müssen, um terroristische Gefahren bei Großveranstaltungen frühzeitiger zu erkennen, Risiken zu reduzieren und die Auswirkungen von Terroranschlägen zu minimieren.
Behörden, Politik, Wissenschaft
130 Vertreter/innen von Sicherheitsbehörden, aus Politik und Wissenschaft aus ganz Deutschland und aus dem Ausland diskutierten Strategien und Schritte, damit Besucher/innen von großen öffentlichen Events gegen Angriffe geschützt, Gefahrenlagen besser unter Kontrolle gebracht werden können.
Großveranstaltungen sicherer machen
„In der Hauptstadt finden jedes Jahr 40.000 Veranstaltungen statt, pro Tag 12 Demonstrationen“, zeigte Berlins Innensenator Andreas Geisel in seiner Begrüßungsrede auf dem Fachsymposium die Dimension des Auftrags an die Sicherheitsbehörden auf. „Sicherheit ist dabei nicht allein Aufgabe von Polizei und Feuerwehr“, betonte der Senator, alle öffentlichen Akteurinnen und Akteure, alle Institutionen seien gefordert. „Terrorgefahr macht nicht vor Landesgrenzen halt“, so Geisel. Deshalb sei die Zusammenarbeit mit Partnern im In- und Ausland wichtig. Bei allen nötigen Sicherheitsvorkehrungen müsse Berlin so weltoffen, bunt und tolerant bleiben, wie Berlinerinnen und Berliner und die vielen Tausenden von Tourist/innen die Stadt schätzen, mit einem Spektrum, das vom Berlin Marathon bis zum Karneval der Kulturen reicht.
Beispielhafte Zusammenarbeit von Wissenschaft, Verwaltung, Polizei
„Freiheit und Sicherheit gehören zusammen“, bekräftige Prof. Dr. Andreas Zaby, Präsident der HWR Berlin in seiner Rede. „Erinnerung ist wichtig. Es liegt in der Verantwortung aller, Lehren aus dem Geschehenen zu ziehen und mit unseren Mitteln Derartiges in der Zukunft zu verhindern“, so Zaby. Er verwies auf die beispielhafte Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Verwaltung, Polizei, Feuerwehr und Politik auf diesem Fachsymposium. „Political Correctness darf nicht zur Einschränkung von Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit führen. Verschiedenheit sollte nicht auf Probleme reduziert, sondern als Grundlage einer von Respekt getragenen Streitkultur genutzt werden“, sagte Zaby.
Recht, Psychologie
In einem wissenschaftlichen Vortrag ging Prof. Dr. Birgitta Sticher, Professorin für Psychologie am Fachbereich Polizei und Sicherheitsmanagement der HWR Berlin, ein auf das menschliche Verhalten bei Bedrohungslagen auf Großveranstaltungen und welche Rückschlüsse Sicherheitskräfte für ihr eigenes Handeln daraus ziehen können. Dabei komme es, das belegen empirische Untersuchungen, vor allem auf die Kommunikation der Sicherheitskräfte an, so die Expertin für Führungslehre. Menschenmengen seien, bei aller Verschiedenheit der individuellen Reaktion in Gefahrensituationen, durch präzise Information und Handlungsanweisungen steuerbar und mit wenigen Ausnahmen keineswegs egoistisch, sondern bereit, Mitmenschen bei Gefahr zu helfen. Das stellte Lieutenant Branden Clarkson vom Las Vegas Police Department in seinen Schilderungen über das „2017 Las Vegas Shooting“, bei dem 58 Menschen zu Tode kamen, über 500 Festivalbesucher angeschossen und mehr als 800 verletzt wurden, an konkreten Beispielen dar.
Breiter Terrorschutz
Die Bandbreite des Terrorschutzes ist umfassend, das hat das Fachsymposium einmal mehr unter Beweis gestellt. Im Fokus des Handelns der Verantwortlichen stehen nicht nur die direkten Risiken. Die deutschlandweit implementierten erhöhten Sicherheitsmaßnahmen nach dem Breitscheidplatz-Anschlag führen zu einer Veränderung von Gefahreneinschätzungen und Gefahrenlagen. Das erfordert neue Gesetze, Sicherheitsstrategien und die Qualifizierung und Weiterbildung von Fachpersonal.
(Quelle: hwr)